WILHELMINE

17. Mai // Fr. // 20:00 // Saal // Konzert

19:00

„Gelebte Vielfalt“ – wenn jemand die Bedeutung dieses Begriffes kennt, dann Wilhelmine. Aufgewachsen in einem besetzten Haus in Berlin-Kreuzberg und im Wendland, erlebt sie von Kindesbeinen an unterschiedlichste Lebensformen. „Ich lernte so viele verschiedene Punker kennen oder Menschen, die im Zirkus gearbeitet haben, und die ganz selbstverständlich mit an unserem Tisch saßen“, erinnert sich Wilhelmine. „Ich glaube, das hat mich offen und mutig gemacht, in Kontakt mit Menschen zu treten. Und mir relativ früh die Vorstellung in den Kopf gesetzt: egal, wer und was ich mal sein möchte: ich kann es sein.“

Ihren ersten aktiven Kontakt mit der Musik verortet Wilhelmine im Wendland, wo sie die Schule besucht. „Ich war elf und durfte das Headset meines Musiklehrers testen. In dieser Situation hat mich die Klasse das erste Mal laut allein singen hören. Und ich bekam erstmals Komplimente für meine Stimme.“ Schon bald wird Wilhelmine so etwas wie die inoffizielle Schulsängerin: „Ich habe
bei verschiedenen Schulveranstaltungen gesungen, und es war relativ bekannt und selbstverständlich, dass ich die bin, die singt.“
Und das bald auch außerhalb der Schule: Wilhelmine wird als Jugendliche Teil einer Mädchenband, Direkt. Die vier Mädchen singen viel a cappella, akustisch und mehrstimmig –
und haben damit die ersten Live-Auftritte: „Es gibt im Wendland ein Fest, die Kulturelle Landpartie. Dort öffnen Dörfer ihre Pforten, und wir bekamen Anfragen von verschiedenen
Bauernhöfen, die uns in ihrem festen Programm haben wollten.“ Die „Kulturelle Landpartie“ ist weit über das Wendland hinaus ein Begriff – und die Antiatomkraft-Bewegung erst recht. Sie ruft hier 1980 die „Republik Freies Wendland“ aus und prägt bis heute die Gegend im östlichen Niedersachsen.

Folgerichtig geschieht es bei einer Antiatomkraft-Demo, dass Direkt ihren ersten großen Auftritt haben – vor Madsen. Ein Erlebnis, das Wilhelmines weiteren Weg nachhaltig prägen sollte: „Die
Madsens haben es geschafft, aus diesem Landkreis die große bekannte Band zu werden. Und sie an diesem Tag so nah zu wissen, da haben sich zum ersten Mal Träume in mir gebildet: Wow,
die leben in Wendland, aber sind deutschlandweit bekannt. Was, wenn ich da auch hinkäme…?“

Nach dem Abitur kommt Wilhelmine erst einmal ganz woanders hin, nach Spanien nämlich, wo sie ein Jahr als Au-pair arbeitet. In ihrer freien Zeit sorgt sie jedoch dafür, dass ihr Traum weiter
Gestalt annehmen kann. Sie nimmt Gitarrenunterricht und beginnt ein eigenes YouTube-Projekt, von Wilhelmine heute liebevoll als „Aufklärungs-Homo-Podcast-Geschwafel“ bezeichnet: „Mit meiner damaligen Freundin habe ich jeden Donnerstag Videos gemacht. Und als ich wiedergekommen bin aus Spanien, war für mich ganz klar: ich will wieder nach Berlin, und zwar
nicht mehr nur über die Sommerferien, sondern fest.“

Berlin sollte sich als ideales Pflaster erweisen, um weitere Erfahrungen als Musikerin zu sammeln – nunmehr allein, denn die Schultage und Direkt waren gezählt. „Ich habe in U-Bahnhöfen mit viel
Fluktuation immer wieder die gleichen Refrains gespielt, weil ich nur die konnte. Ich habe einen Hut aufgestellt und in zahllosen Selbstversuchen ein Gefühl dafür bekommen: wie bekommt man
die Leute dazu, zuzuhören? An welchem Punkt des Songs muss ich sein, damit sie es interessiert?“ Dabei macht sie eine Erfahrung, die sich bis heute als wertvoll erweist, da sie längst große Bühnen
bespielt: „Ich habe gemerkt: wenn ich leise bin, schaffe ich es viel intensiver, die Energie im Raum sammeln, als wenn ich laut bin. Auf diese Weise habe ich selbst als Vorband schon Läden mit
fast 2000 Menschen komplett leise bekommen.“

Wilhelmine war im vergangenen Jahr eine der wenigen Künstler:innen, die von Amazon Music im Rahmen ihrer großen Kampagne zum Pride Month umfassend in den Vordergrund gestellt
wurden, etwa mit einer Platzierung auf dem großen Screen am Berliner Ku’damm und in der Pride History Playlist bei Amazon Music, wo Wilhelmine Geschichten über berühmte
Persönlichkeiten der LGBTQ+ Community erzählte und dazu passende Songs kuratierte. Zum diesjährigen Internationalen Frauentag (8. März) wurde Wilhelmine als „Deutschpop-Poetin“
von Apple Music besonders hervorgehoben. Daneben konnte man sie unter anderem als Support für Lotte und Benne, mit einem Gastspiel auf dem jüngsten Selig-Album (im Song
„Mädchen auf dem Dach“) und live bei „Inas Nacht“ (mit „Eins sein“), der ARTE Open Stage Berlin und einer Songpoeten-Session mit Florian Künstler erleben.

Wilhelmine ist der direkte Kontakt zu ihren Fans enorm wichtig, auch und gerade, weil er ein wechselseitiger ist: „Letztens hat mir nach einem Konzert jemand rückgemeldet, dass ich sehr
sensibel oder zerbrechlich wirke. Und das ist eigentlich absolut gar nicht das, was ich bin“, berichtet sie. „Da habe ich mich gefragt: interessant, dass meine Bühnenpräsenz das auch
macht. Andere sind bei der gleichen Show und nehmen mich als total stark wahr, und zugleich sagt mir jemand, dass er mich als sensibel wahrnimmt und hofft, dass ich quasi nicht daran
zerbreche. Das ist so spannend, weil ich an einem Punkt bin, der viel weiter ist als das. Ich habe aus meinen Schwächen bereits Lieder gemacht und präsentiere sie auf einer Bühne. Das heißt,
ich bin eigentlich an einem ganz anderen Punkt: der Darüber-reden-können-Stärke.“

Egal, was in Wilhelmines Leben passiert – ob sie gerade durch eine gute Phase geht oder eine schlechte, ob das Leben sich leicht wie eine Feder anfühlt oder schwer wie ein Mühlstein, ob
sie frisch getrennt ist oder sich neu verliebt hat: sie verarbeitet schreibend. „Und dadurch, dass ich kontinuierlich Lieder schreibe, bin ich meiner Kunst so nah. So habe ich das Gefühl, dass
egal, was kommt, da bin ich, und da sind meine Lieder, die dürfen sich bewegen wie sie wollen, aber das bleibt.“

Auch Wilhelmine ist für die Zukunft so ziemlich alles zuzutrauen. Aktuell arbeitet sie an ihrem zweiten Album, das 2024 erscheinen wird.

Tickets unter www.ticketmaster.de

€ 32,00 zzgl, Gebühr